Veranstaltung: | 50. Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesparteitag |
Antragshistorie: | Version 2 |
Ernsthafte Bemühung
Beschlusstext
Der Landesverband BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN Sachsen-Anhalt spricht sich dafür aus,
den Klimaschutz zu stärken und in Sektoren mit hohen Emissionen neue
Anstrengungen zu unternehmen, um unser Klima zu bewahren.
Klimaschutz bleibt wichtig
Der April begann mit außergewöhnlich hohen Temperaturen. Der Deutsche
Wetterdienst stellte fest, dass viele Messstationen neue Höchstwerte für die
ersten Tage des Aprils gemessen hatten. Dieser ungewöhnlich warme April folgt
auf den wärmsten März, dem der wärmste Februar vorausging. Schon das Jahr 2023
stellte einen Rekord für die höchste Durchschnittstemperatur in Deutschland seit
1881 auf und toppte damit den vorherigen Rekord aus dem Jahr 2022. Daraus ergibt
sich ein Bild, in dem Deutschland in den vergangenen Jahren immer schneller
immer höhere Temperaturen erfährt.
Nach seriösen wissenschaftlichen Prognosen müssen wir uns auf die weitere
Erwärmung unserer Umwelt einstellen. So bedeuten schon moderate Szenarios, in
denen die Emissionen erst ab Mitte des Jahrhunderts sinken, dass sich die Erde
am Ende des Jahrhunderts um 2,7 Grad erwärmt hätte. Das entspricht grob dem
Zeitplan, den sich die Länder aus dem Pariser Klimaabkommen gesetzt hatten. Doch
jedes Zehntel Grad Erwärmung erhöht die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterlagen
dramatisch. Das zeigt: wenn wir nicht ganz entschlossen umsteuern, werden wir
uns an außergewöhnliches Wetter bis hin zu häufig auftretenden Naturkatastrophen
gewöhnen müssen.
Zur Vermeidung solcher Szenarien hatte die alte Bundesregierung ein
Klimaschutzgesetz verabschiedet und nach einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts verschärft. Dieses Gesetz erkennt die Bedeutung von
wirksamen Klimaschutz und verpflichtet die Regierung zu strengen
Jahresemissionszielen. So, wie es Mensch und Natur auf dieser Erde verdient
haben.
Gegenwärtige Umsetzung
Auch die neue Bundesregierung aus SPD, FDP und GRÜNEN war an dieses Gesetz
gebunden. Doch insbesondere in den Sektoren Gebäude und Verkehr fehlen
ambitionierte Maßnahmen, um die Ziele zu erreichen. Erst im März hat die
Bundesregierung Revision gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-
Brandenburg eingelegt, das die Regierung wegen Verstoßes gegen das bisherige
Klimaschutzgesetz zu Nachbesserungen verurteilte.
Weil der Bundesverkehrsminister sich scheinbar nicht in der Lage dazu sieht,
Klimaschutz im Verkehrsbereich wirksam umzusetzen, wird seit Juni letzten Jahres
eine Novellierung des Klimaschutzgesetzes vorangetrieben. Mitte April gab es
eine Einigung, bei der die GRÜNEN in Regierungsverantwortung den Forderungen der
FDP und insbesondere von Verkehrsminister Volker Wissing nachgaben. Die scharfe
Trennung der Sektoren, die dazu führte, dass der zuständige Minister in
Verantwortung genommen wurde, entfällt. Stattdessen soll sektorübergreifend die
gesamte Regierung für die Einhaltung zuständig sein. Kurz gesagt: Die
Ministerien mit den größten Aufgaben im Klimaschutz stellen sich nicht ihrer
Verantwortung! .
Damit kommt Deutschland gerade im Mobilitäts- und Gebäudebereich in Sachen
Klimaschutz nicht angemessen voran , während fast zeitgleich der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz wegen mangelnden Klimaschutzes
verurteilt hat. Auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021
verpflichtet die Bundesregierung nach wie vor, die Grundrechte zukünftiger
Generationen durch effektiven Klimaschutz in der Gegenwart zu schützen. In einer
Zeit, in der dringend notwendige Investitionen durch ein Festhalten an der
Schuldenbremse zur vermeintlichen finanziellen Besserstellung zukünftiger
Generationen ausgebremst werden, sollte mit gleicher Energie an der Erhaltung
einer lebenswerten Erde gearbeitet werden.
Verlässlichen Klimaschutz jetzt
Die GRÜNEN in Regierungsbeteiligung müssen auch endlich auf effektive Maßnahmen,
insbesondere im Verkehrsbereich bestehen, damit die Einhaltung der Klimaziele in
diesem wichtigen Sektor nicht immer weiter verschoben wird. Die
Verkehrsminister*innen des Bundes und der Länder müssen sich voll und
verlässlich hinter nachhaltige Verkehrsmodelle stellen.
Auf Landesebene fordert BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN Sachsen-Anhalt ein verbindliches,
ambitioniertes und kontrollierbares Klimaschutzgesetz. Nur so kann die
Landesregierung auch auf Landesebene dem Urteil des Bundesverfassungsgericht
gerecht werden und langfristig die Voraussetzungen für ein klimaneutrales Land
schaffen. Das Zögern und Zaudern der Landesregierung in Sachen Klimaschutz muss
ein Ende haben!
Damit positioniert sich der Landesverband kritischgegen die Aufweichung des
Klimaschutzgesetzes auf Bundesebene. BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN Sachsen-Anhalt sehen
darin einen Rückschritt in der Klimapolitik, der das bisher Erreichte zu
überschatten droht. Die Abkehr von kontrollierbaren Verantwortungsbereichen ist
ein Fehler, darf aber erst Recht nicht zur Aufweichung der Klimaziele führen.
Hier hat die Bundesregierung eine politische und juristische Verpflichtung, der
sich kein Koalitionspartner entziehen darf.
Begründung
Mit dem neuen Gesetz soll der Blick zudem in die Zukunft gerichtet und weniger gerichtlicher Kontrolle unterzogen werden. Das ist für einen FDP-Verkehrsminister verständlich, der in der Vergangenheit wegen unzureichenden Klimaschutzes und Arbeitsverweigerung bei der Nachbesserung bereits verurteilt wurde. Dass sich Grüne an dieser Aufweichung von verbindlichem Klimaschutz beteiligen, ist nur schwer hinzunehmen.
Schon angesichts derzeitiger Widerstände in Teilen der Regierung, wirksame Maßnahmen zum Emissionsrückgang zu ergreifen, ist es beunruhigend, dass nun dieselben Sektoren noch größere Mengen aufgrund eines weniger kontrollierbaren Gesetzes umsetzen sollen. Es steht nicht zu erwarten, dass die betroffenen Sektoren in Zukunft die nötigen Emissionsreduktionen bewirken. Die Bundesregierung schiebt den Klimaschutz trotz der Veränderungsnot auf die lange Bank.
Der Landesverband sollte sich dem widersetzen und zum Erhalt der eigenen Glaubwürdigkeit und der Klimaziele auf stärkere Anstrengungen beim Klimaschutz auf Bundes- und Landesebene drängen.
Änderungsanträge
- Ä2 (Tobias Brendel (KV Halle), Eingereicht)