Veranstaltung: | 50. Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Anträge |
Antragsteller*in: | Antje Schulz (KV Wittenberg), Lysann Papenroth (KV Anhalt-Bitterfeld) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.04.2024, 12:57 |
A4: Einführung eines Feiertags "Tag des Grundgesetzes"
Antragstext
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt fordert die Einführung eines neuen
landesweiten Feiertags: Der Tag des Grundgesetzes. Dieser wird jährlich an dem
Tag begangen, an dem das deutsche Grundgesetz erlassen wurde, am 23. Mai.
Zugleich fordern wir Bündnisgrüne die Streichung des am 6. Januar begangenen
Feiertags Heilige Drei Könige aus dem Feiertagsgesetz Sachsen-Anhalts.
Begründung
Warum ein Tag des Grundgesetzes?
Das deutsche Grundgesetz ist ein humanistisches und juristisches Meisterwerk. Inmitten von Trümmern und einer Gesellschaft, die für das größte Menschheitsverbrechen der Geschichte verantwortlich war, verkündete der Parlamentarische Rat am 23. Mai 1949 die lediglich als Provisorium angedachte Verfassung der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland. Trotz oder gerade wegen seines provisorischen Charakters zeichnet es sich aus durch Konzentration auf das Wesentliche, Besonnenheit, sprachliche Präzision und Weitblick.
Hinter diesem Meisterwerk steckt auch eine Meister:innenleistung. Mit unbeirrbarer Klarheit haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes die bis heute tragenden Säulen unseres Landes deklariert: Demokratie, Rechtsstaat, Republik, Sozialstaat, Bundesstaat. Und aus den Erfahrungen des nationalsozialistischen Unrechtsstaates haben sie den Katalog der Grundrechte als echte Rechte der Menschen gegen den Staat formuliert, an deren Spitze unumstößlich und unabwägbar die Menschenwürde steht.
Dafür können wir dankbar sein - dankbar, seit dem 23. Mai 1949 in einer Gesellschaft zu leben, die sich diese Prinzipien und Werte gegeben hat, welche uns in unserer Vielfalt einen und hinter denen wir uns geschlossen versammeln können. Es bedarf der Einführung eines gesetzlichen Feiertags „Tag des Grundgesetzes“, um an diese Meister:innenleistung regelmäßig zu erinnern und der Gesellschaft einen Raum zur Reflexion und Diskussion zu geben . Wenn ein Tag für alle Menschen in Deutschland gemeinsam Anlass bietet zu feiern, dann der, der uns als Gesellschaft eint und zusammenhält. Der Tag des Grundgesetzes soll ein Feiertag in jeder Hinsicht sein.
Die Demonstrationen der letzten Monate überall im Land haben gezeigt, dass der Wille der Gesellschaft da und stark ist, diese Werte hochzuhalten und sie zu verteidigen. Ein Tag des Grundgesetzes ist eine gute Möglichkeit, alle Verfechter:innen der Demokratie und unserer Verfassung in diesem Bestreben zu unterstützen
Warum zugleich Streichung eines anderen Feiertags?
Die Bundesländer haben (ohne Feiertage mitzuzählen, die immer auf einen Sonntag fallen, aber inklusive des bundeseinheitlichen Tags der Deutschen Einheit) zwischen 10 und 13 Feiertagen, wovon die meisten Bundesländer (13) 10-11 Feiertage haben. Lediglich die Bundesländer Baden-Württemberg, Saarland und Bayern haben 12 bzw. 13 Feiertage. Sachsen-Anhalt liegt mit 11 Feiertagen damit sowohl im Durchschnitt als auch im Median.
Ein zusätzlicher (zwölfter) Feiertag würde ein Ungleichgewicht vor allem zu den anderen ostdeutschen Bundesländern sowie dem an Sachsen-Anhalt grenzenden Niedersachsen schaffen, da diese allesamt 10 oder 11 Feiertage haben. Außerdem greift an Feiertagen das grundsätzliche Beschäftigungsverbot bei gleichzeitiger Pflicht zur Lohnfortzahlung, welche für die Wirtschaft mit finanziellen Einbußen einhergehen würde.
Warum Streichung Heilige Drei Könige?
Die meisten Feiertage in Sachsen-Anhalt haben einen christlichen Anlass; so auch Heilige Drei Könige als Feier der „drei Wunder“ der Erscheinung des Herrn, der Taufe Jesu und der Hochzeit zu Kana. In Deutschland sinkt jedoch das Bekenntnis zum Christentum von Jahr zu Jahr. Nur 50% der in Deutschland lebenden Menschen bezeichnen sich selbst als Christ:innen. Noch eindrücklicher sind die Zahlen für Sachsen-Anhalt: Hier sind etwa 80% der Bürger:innen konfessionslos, lediglich 11% evangelisch und 3% römisch-katholisch - Tendenz weiter fallend. Deshalb verblasst die religiöse Sinngebung dieser Feiertage mehr und mehr, sodass die Erholung sowie das Miteinander an diesen Tagen deutlich im Vordergrund stehen. Vor dem Hintergrund abnehmender weltanschaulicher Homogenität und dem staatlichen Neutralitätsgebot sollten Feiertage nicht von einem Bekenntnis einer bestimmten religiösen Minderheit abhängen, sondern integrativ wirken und sinnstiftend sein.
Auch die Bräuche, die um Heilige Drei Könige entstanden sind, haben sich im Gegensatz zu anderen ursprünglich christlichen Feiertagen (bspw. Ostern, Weihnachten, Christi Himmelfahrt) nicht über die christliche Gemeinschaft hinaus in der pluralistischen Gesellschaft etabliert. Die Weihe des Dreikönigswassers, das Sternsingen und die mit Kreide gezeichnete Segensbitte sind weiterhin exklusiv christlich motivierte Traditionen mit ausschließlich religiöser Botschaft. Darüber hinaus ist insbesondere das Sternsingen ein Brauch, der auch an anderen Tagen um den 6. Januar herum begangen wird. Eine Beibehaltung des Feiertags kommt also auch nicht wegen gesellschaftlich anerkannten Brauchtums in Frage.
Heilige Drei Könige hat auch keine tief im sachsen-anhaltischen Gesellschaftsgedächtnis verwurzelte Geschichte. Weder in der DDR noch zuvor war der 6. Januar ein Feiertag. Er wurde 1991 eingeführt. Durch die Streichung der Heiligen Drei Könige kommt es auch nicht zu Störungen der Produktions- und Lieferketten bei bundeslandübergreifendem Warenverkehr, denn Heilige Drei Könige ist lediglich in zwei weiteren Bundesländern Feiertag: in Bayern und Baden-Württemberg.
Zustimmung
- Stephan Mertens
- Lysann Papenroth
- Markus Rönnike
- Angela Korth
- Luise Globig
- Sascha Greiner
- Till Stoye